Kugelplastik

„Die Kugel ist gefallen“ lautete die Überschrift zu einem Artikel in der LZ am 29. Oktober 2002. „Die Würfel sind gefallen“ ein gängiger Satz wenn eine lange überlegte Frage endlich entschieden ist. Hat der Fall einer Kugel eine ähnliche Bedeutung? War der Fall der Kugel zu erwarten?

Im Jahr 1995 wurden die über 100 Hektar großen Hobart Barracks mit dem ehemaligen Fliegerhorst am nördlichen Rand der Kernstadt Detmold von den britischen Streitkräften zurückgegeben. Die Bevölkerung freut sich über die Öffnung der ehemaligen Lemgoer Straße und die Stadt Detmold hat die Aufgabe das Kasernengelände unter den verschiedenen Aspekten wie Baugeschichte, Denkmalpflege, Nutzungsperspektiven, … zu überplanen. Für die Bürger werden Führungen durch das Gebiet angeboten und mancher erinnert sich an alte Zeiten, als die Kaserne frei zugänglich war.

Den Nordeingang zum neuen Stadtviertel aufzuwerten war eine der ersten Ideen. Ein Kreisverkehr wurde angelegt und ein Kreisverkehr bietet sich ja direkt für ein Kunstwerk an. Von mehreren vorgelegten Ideen wurde der Vorschlag der Künstlerin Gabriele Staarmann aus Hamburg ausgewählt. Eine große hängende Kugel.

Ausschnitt aus einem Foto von: Stefan Derschum

Am 21. September 2002 berichtet die LZ mit der Überschrift „Die Kugel im Kreisel“ über das drei Tage zuvor in einer Feierstunde übergebene Kunstwerk. Die orangefarbene Stahlkugel hat einen Durchmesser von 4,5 m und eine Masse von zwei Tonnen. Sie wird von vier Stützen an Stahlseilen gehalten. Angestrahlt von vier Seiten scheint sie bei Dunkelheit über dem Kreisel zu schweben.

In mehreren Leserbriefen finden sich in den folgenden Wochen negative und positive Meinungen zum Kunstwerk. Wegen der „agressiven Farbgebung“ wird angeregt das „Objekt schnellstmöglich zu entfernen“ auch würden „Historie und Moderne“ nicht zusammen passen. In einem weiteren Brief wird der Blick vom Apenberg gelobt: „Die Farbe steht in guter Harmonie zur grünen Rasenfläche und dem blauen Himmel“.

Fünf Wochen später gibt der Deutsche Wetterdienst eine Unwetterwarnung für Deutschland heraus. Das Orkantief mit dem Namen „Jeanett“ bewegt sich vom Atlantik über Großbritannien Richtung Ostsee. Es werden Böen mit einer Windgeschwindigkeit von 140 km/h vorhergesagt.

Der Martinimarkt in Lage bringt nicht die erwarteten Umsätze, ein historisches Karussell wird vorsichtshalber abgebaut. Der Libori-Markt in Paderborn wird geschlossen, die Gondeln am Riesenrad auf der Kirmes an der Radrennbahn in Bielefeld werden abgehängt. Die Feuerwehr in Lippe meldet 220 Einsätze, der Bahnverkehr ist lahmgelegt.

Am Kreisel in Detmold hält ein Stahlseil den Belastungen nicht Stand und reißt, die Kugel pendelt an drei Seilen. Zur Eindämmung der davon ausgehenden Gefahr kappt die Feuerwehr die drei Seile und lässt die Kugel kontrolliert zu Boden. Dort liegt sie nun für einige Zeit bis die Statiker die Ursache gefunden haben und die Kugel wieder aufgehängt werden kann.

Die Kugel hängt wieder, die Beleuchtung funktioniert aber im Laufe von fast 20 Jahren sammelt sich Umweltdreck und Moos auf der Kugeloberfläche und sie sieht von Jahr zu Jahr hässlicher aus. Zeitnah zum 20. Jahrestag der Installation wird die Kugel im Herbst 2021 fachmännisch gesäubert und leuchtet wie neu.

Hier noch einige Daten zum Orkantief. Der Druck im Zentrum betrug 974 hPa. Die höchste Windgeschwindigkeit, 183 km/h wurde auf dem Fichtelberg gemessen.

DWD – Klimastatusbericht 2002
Deutsche Rückversicherung AG – Sturmdokumentation

Für meine Schüler formulierte ich seinerzeit Fragen zu Volumen, Oberfläche und Materialstärke. Ob jemand diese Fragen so interessant fand, sich damit auseinanderzusetzen kann ich nicht sagen.

Quellen:
Lippische Landeszeitung, Deutscher Wetterdienst, Deutsche Rückversicherung AG

interessantes und belangloses aus detmold und umgebung